Die Weihnachtsleiter – eine Installation

Zu Weihachten 2019 wollte ich etwas für die Umwelt tun und auf den üblichen Weihnachtsbaum verzichten (vielleicht war auch der Ärger über den viel zu teuren Christbaum im Vorjahr in Erinnerung). Jedenfalls kam es in Absprache mit meiner Familie zu einer Art Kunstinstallation. Da in meinem Bekanntekreis ein verwundertes Kopfschütteln zu bemerken war, schrieb ich zu der Aktion ein Gedicht – sozusagen zur Beruhigung, dass die Karanitsch-Familie doch nicht ganz übergeschnappt ist…

Installation eines alternativen Christbaums

Die Weihnachtsleiter

Ich bin ein Ding – das war nicht immer so.
Einst stand ich, fern im Nirgendwo,
war ein echtes Wesen, groß und stolz,
mit einem Kern aus bestem Holz.

Wie alt ich war – ich weiß es nicht.
Tag für Tag gab es nur eine Pflicht:
Hinauf die Krone und die Blätter,
bei jedem Wind und jedem Wetter.

Mein bester Freund, ein kleines Tier,
für ihn war ich sein liebst Revier.
Mit seinem braunen Schwanz
vollführte er den schönsten Tanz.

In meinem schützenden Geäst
baute er sein kleines Nest.
Generationen kamen und gingen,
ich sah sie von Ast zu Ast hinüberspringen.

Doch eines Tages flüsterte der Wind,
„Der Mensch kommt! Flieht geschwind!“
Und plötzlich roch man tödliches Benzin.
„Es tut mir leid, mein Freund, ich falle hin!“

Ein kreischendes Geräusch, das Licht war fahl,
die Säge schnitt die Bretter, lang und schmal.
Nun bin ich doch ein Ding, steh stolz im Raum,
festlich geschmückt als Weihnachtsbaum!

© Peter Lorenz Karanitsch, Dezember 2019

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